Charakteranalyse Martin Schulz: die Persönlichkeit der SPD-Hoffnung

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Charakter Martin Schulz

Wie lässt sich die Persönlichkeit Martin Schulz‘ charakterisieren? (© Foto: SPD / Susie Knoll)

Der Wahlkampf zur Bundestagswahl 2017 tritt in seine heiße Phase und wie beim letzten Mal möchte ich Ihnen auch diesmal einen Überblick über die zur Wahl stehenden Persönlichkeiten geben. Beim Charakterprofil von Angela Merkel hat sich im Vergleich zur letzten Bundestagswahl nichts Wesentliches geändert. Daher geht es in diesem Artikel um den Charakter des SPD Kanzlerkandidaten 2017: Martin Schulz.

Für die Charakteranalyse verwende ich wie immer das HUMM®-Persönlichkeitsmodell. Falls Sie das HUMM® bereits aus meinen Seminaren oder Coachings kennen, ist dieser Blogartikel für Sie eine gute Chance, um Ihre Persönlichkeitsanalyse mit meinen Ergebnissen zu vergleichen und um Ihr Wissen zu vertiefen. Um sich zunächst selbst ein Bild von Martin Schulz machen zu können, empfehle ich Ihnen diese Dokumentation vom WDR, auf die ich mich im Folgenden auch beziehen werde (Dauer 43 Minuten):



Werdegang Martin Schulz

Im Dreiländereck Deutschland-Belgien-Niederlande, in der Nähe von Aachen, ist Martin Schulz geboren (1955) und aufgewachsen. Während seiner Schulzeit wollte Schulz Profi-Fußballer werden. Er selbst sagte dazu einmal: „Ich war total fußballverrückt. Meine Bibel war der ‚Kicker‘, mein Gott war Wolfgang Overath.“ Und auch für Politik interessierte sich Martin Schulz bereits während der Schulzeit. Von Willy Brandt war er so begeistert, dass er diesen im Bundestagswahlkampf 1972 unterstützte und schließlich 1974 in die SPD eintrat.

Zu dieser Zeit befand er sich in einer Lebenskrise. 1974 bestand er zum zweiten Mal nicht die 11. Klasse, weshalb er das Gymnasium ohne Abitur verlassen musste. 1975 wurden verletzungsbedingt auch seine Träume von einer Karriere als Profi-Fußballer zerstört. Überwältigt von diesen Rückschlägen schilderte Schulz in eine Alkoholabhängigkeit, die er erst 1980 überwinden konnte.

Dennoch absolvierte er 1975 bis 1977 eine Ausbildung zum Buchhändler und arbeitete anschließend 5 Jahre lang für verschiedene Buchhandlungen und Verlage. 1982 eröffnete er seine eigene Buchhandlung, deren Mitinhaber er bis 1994 blieb.

Parallel dazu startete Martin Schulz seine politische Karriere. 1984 wurde er Stadtrat; 1987 bis 1998 war Bürgermeister von Würselen. 1994 wurde er Mitglied des europäischen Parlaments, wo er 2004 Fraktionsvorsitzender der Sozialisten und 2012 Parlamentspräsident wurde. Seit diesem Frühjahr ist Martin Schulz nun Parteivorsitzender und Kanzlerkandidat der SPD.

Machtmensch Martin Schulz

In Schulz‘ Charakter spielt der Politician eine große Rolle – wie bei (fast) allen Spitzenpolitikern. Der Politician ist vor allem durch Ehrgeiz, Direktheit und Durchsetzungsfähigkeit charakterisiert. Erste Anzeichen dafür sind seine frühen Führungspositionen als Schulsprecher und als Mannschaftskapitän seiner Fußballmannschaft. Ansonsten zeigt sich der Poltician vor allem in seiner poltischen Karriere. Er strebt nach Machtpositionen in denen er entscheiden und gestalten kann: Bürgermeister, Kreisvorsitzender, Fraktionsvorsitzender, Parlamentspräsident, Parteivorsitzender.

Sein entschlossener Kampf für das Spaßbad gegen die Bevölkerung in Würselen (22:08) zeigt eine weitere Eigenschaft, die dem Poltician zuzuordnen ist: Sturheit. Weil Schulz an das Projekt glaubt, setzt er es gegen Widerstände durch und blockiert sogar eine Bürgerabstimmung. Das Spaßbad wird zum wirtschaftlichen Misserfolg, was Schulz jedoch auch rückblickend nicht zugeben kann. Lediglich die Verweigerung der Bürgerabstimmung gesteht er als Fehler ein. Ansonsten sei das Spaßbad aber eine „sehr angesehene Freizeiteinrichtung“ – kein Wort zur finanziellen Misere.

Als Fraktionsvorsitzender im EU-Parlament musste Martin Schulz politisch agieren. Als er dann zum Parlamentspräsidenten wird, einem Amt das zur Neutralität verpflichtet, sagt Schulz (29:54), dass man ihn „verachten müsse“ wenn er sich nicht weiterhin klar zu seiner politischen Überzeugung bekennt. „Kreide fressen und sozusagen nur freundlich zu jedem anderen sein […] ist auch nicht mein Stil“. Schulz steht hartnäckig und unnachgiebig für seine Überzeugungen ein. Ihm ist egal, dass er damit gegen Konventionen verstößt.

Und auch die Aussagen seiner ehemaligen Weggefährten bekräftigen den gewonnenen Eindruck von einem starken Politician bei Schulz. Seine ehemaligen Mannschaftskameraden vom SV Rhenania Würselen (11:00) bezeichnen ihn als „Anführer“ sowie „Kämpfer“ und sprechen von „Ehrgeiz ohne Ende“. Sein Juso-Freund (20:44) bescheinigt ihm einen ausgeprägten Machtinstinkt: „Schulz kann Politik lesen“ und „er wusste ziemlich genau was er in Bewegung setzen musste, um bestimmte Ziele zu erreichen“. Unter Journalisten (25:53) hatte er den Spitznamen „Würgermeister“ und Graf Lambsdorff (31:22) nennt ihn „ein Kampfschwein“ mit „unheimlich viel Energie“. All diese Aussagen zu Machtinstinkt, Ehrgeiz und Durchsetzungsvermögen passen zu den typischen Persönlichkeitsmerkmalen eines Politicians.

Menschenfänger Martin Schulz

Martin Schulz‘ zweiter Persönlichkeitstyp ist der Mover, der sich vor allem durch Geselligkeit und Emotionalität auszeichnet. Schulz geht auf andere zu und unterhält sich gerne. Er spricht 5 Fremdsprachen (Englisch, Französisch, Niederländisch, Italienisch und Spanisch). Ihm geht es hierbei aber nicht formale Perfektion, sondern darum, sich mit anderen unterhalten zu können. Sein Bruder (13:23) erinnert sich: „Er sprach besser Französisch als seine Lehrer, aber er konnte die Grammatik so nicht.“

Politisch aktiv wird er nicht, weil er sich für theoretisch-abstrakte Ideen interessiert, sondern weil Willy Brandt als Person ihn begeistert. Sein Juso-Freund (12:39) berichtet: „Willy Brandt, […] ein ganz charismatischer Politiker, von dem wir das Gefühl hatten, er könnte was aufbrechen […] das hat ihn schon sehr beeindruckt.“ So stürzt er sich 1972 sofort in den Wahlkampf, noch bevor er 1974 überhaupt zum SPD-Mitglied wird. Schulz‘ Leidenschaft für Politik ist auch Franz Müntefering (5:73) aufgefallen: „Er kann Menschen begeistern […] weil er selbst ein begeisterter Mensch ist […]. Er wartet nicht vorsichtig ab […] sondern der marschiert nach vorne.“

Dementsprechend emotional und persönlich ist auch sein Auftreten. In Wanne-Eickel baut er gleich zu Beginn seiner Rede (3:24) eine emotionale Verbindung auf: „Meine Schwiegermutter ist hier geboren.“ Mit Witz, vor allem auch über sich selbst, hält er diese Verbindung aufrecht. Sehr pointiert formuliert er, was er sich alles anhören müsse: „Ich käme aus Würselen – ja, stimmt“ und bringt dabei den ganzen Saal zum Lachen. Auch warum er der bessere Bundeskanzler ist, begründet er primär mit Gefühlen: „Die Sorgen und Nöte meiner Nachbarn, die kenne ich […]“ und „wenn die Menschen wieder das Gefühl zurückgewinnen, dass wir […] im Bauch fühlen, was das heißt, dass der Alltag hart sein kann, dann […] werde ich Bundeskanzler.“

Auch an vielen weiteren Stellen kommt heraus, dass er über sich selbst lachen kann, z.B. wenn er erzählt, wie er vom Mauerfall erfahren hat (24:50) oder auch, als er auf die Frage, ob er den Akten mit ins Bett nehmen würde (24:20), antwortet: „Nee… obwohl so bekloppt bin ich mal ne Zeit lang auch gewesen“. Erst beim Sprechen zu denken und sich dann gegebenenfalls nochmal zu korrigieren, ist übrigens ebenfalls typisch für Mover.

Während seiner Alkoholsucht trinkt er nicht für sich alleine, sondern er „guckt welche Kneipen Würselen hat“ (Schwester, 14:33), wo er dann die anderen Gäste mit Parodien unterhält (14:55). Und auch für diese negativen Lebensphasen findet er ausdrucksstarke Worte, wie sie Merkel z.B. niemals verwenden würde. In einem Bunte-Interview sagte er über diese Zeit einmal: „Ich war ein Sausack“.

Mover wie Schulz brauchen Abwechslung. Daher macht Schulz auch vieles parallel: Als er 1987 Bürgermeister wird, bleibt er noch weitere 7 Jahre Inhaber der Buchhandlung und als er 1994 ins Europaparlament gewählt wird, bleibt er noch weitere 4 Jahre Bürgermeister. Seine häufigen Jobwechsel in den 70er-Jahren werden in der Doku (18:55) zwar mit der Alkoholsucht in Verbindung gebracht, passen jedoch ebenfalls ins Bild vom Mover, dem schnell langweilig wird und der immer etwas Neues beginnen möchte.

Die Persönlichkeit Martin Schulz

Mit Mover und Politician sind bei Martin Schulz zwei extrovertierte Persönlichkeitstypen präsent, die zwar über außerordentlich viel Energie verfügen, jedoch nur über wenig Geduld. Weil beide durch ähnliche Charaktereigenschaften gekennzeichnet sind, verstärken sie sich gegenseitig. Zusätzlich spielen die ruhigen, beständigen und analytischen Persönlichkeitstypen bei Schulz nur eine untergeordnete Rolle. Dies führt zu einem Persönlichkeitsprofil mit klaren Stärken und Schwächen.

Martin Schulz ist ein Optimist. Sein Ehrgeiz und seine Begeisterungsfähigkeit führen zu einer enormen Energie. Da er außerordentlich kommunikationsstark und auch sehr von sich und seinen Positionen überzeugt ist, fällt es ihm leicht, andere für sich zu gewinnen. Er ist zwar in der Lage ein Machtwort zu sprechen, wird grundsätzlich jedoch immer erst versuchen, seine Mitarbeiter zu motivieren und zu begeistern. Er ist ein charismatischer Anführer, sieht sich als Erster unter Gleichen und pflegt einen kooperativen Führungsstil. Aus diesen Gründen konnte Schulz die häufig kontrovers diskutierende SPD geschlossen hinter sich vereinen.

Martin Schulz treibt ein starkes Bedürfnis nach sozialer Anerkennung. Er möchte nicht nur respektiert, sondern auch beliebt sein. Er ist sehr emotional und wenn Schulz mit jemandem spricht, spielt persönliche Sympathie eine wesentlich größere Rolle als Status, Titel oder Vermögen.

Auch Martin Schulz hat Schwächen. Die Verbindung aus Optimismus und Selbstbewusstsein könnte zu Überheblichkeit führen. Zudem bedingen sein starker Handlungsdrang und der Wunsch aktiv zu werden auch eine gewisse Ungeduld und Impulsivität. Und da er lieber redet als zuzuhören, basieren seine Entscheidungen und Handlungen nicht auf Information und Analyse, sondern meist ausschließlich auf Bauchgefühl.

Ein weiterer Nachteil liegt in seinem persönlichen und von Sympathie geleiteten Auftreten. 2015 half er beispielsweise dem mit ihm befreundeten Jean-Claude Juncker, indem er einen Untersuchungsausschuss verhinderte und stattdessen nur einen schwächeren Sonderausschuss ermöglichte. Außerdem hört Schulz vielleicht nicht auf die klügsten, sondern auf die sympathischsten Berater.

Nun wissen Sie, wie Martin Schulz, Kanzlerkandidat der SPD zur Bundestagswahl 2017, tickt. Schulz ist kommunikativ und gefühlvoll, im Gegensatz zu Merkel, die besonnen und zurückhaltend ist. Wenn Sie sich auch über den Charakter der Bundeskanzlerin näher informieren möchten, finden Sie hier die Persönlichkeitsanalyse von Angela Merkel.

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